Sehr geehrte Referendarinnen, sehr geehrte Referendare,
in diesem Schreiben möchte ich mich – ausdrücklich auch im Namen der Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht Frau Fölster – zunächst bei Ihnen für Ihren Einsatz in Zeiten von Corona bedanken. Wir alle – d.h. Sie und mit Ihnen sämtliche AG-Leiterinnen und -Leiter, die örtlichen Referentinnen und Referenten, die Referendarabteilung im OLG und nicht zuletzt das MJEVG – standen und stehen seit Mitte März 2020 vor besonderen Herausforderungen im Zusammenhang mit Ihrer Ausbildung im Referendariat. Ich bin dankbar, dass ich in den Wochen insgesamt ein positives Bild davon erhalten durfte, wie Sie und die an Ihrer Ausbildung beteiligten Personen diese Herausforderungen gemeinsam meistern. Uns allen ist bewusst, dass der Verlauf Ihres Referendariats keinesfalls dem Üblichen entspricht, dass Sie unter einem erheblichen Druck stehen, und dass Sie daher z.T. auch mit Sorgen auf Ihre anstehenden Prüfungen schauen. Daher erlauben Sie mir einen Hinweis auf die Ausführungen des Geschäftsführers des gemeinsamen Prüfungsamts (GPA), Dr. Labe, in einem Schreiben, welches er am 6. April 2020 an die Prüflinge richtete, die regulär im April 2020 geschrieben hätten und nunmehr im Juni schreiben werden: „Sie werden, so denke ich, wohlwollenden Prüferinnen und Prüfern begegnen, die sich der außergewöhnlichen Situation und dem damit verbundenen besonderen Druck bewusst sind.“ Nehmen Sie dies als Motivation, weiterhin mit Ihrem – mir von zahlreichen Ausbilderinnen und Ausbildern mitgeteilten – bemerkenswerten Einsatz am Ball zu bleiben. Nachfolgend möchte ich Ihnen einige Informationen zu aktuellen Themen übermitteln:
Ausbildungsbetrieb:
Mit Schreiben vom 21. April 2020 hatte ich die örtlichen Referentinnen und Referenten vor dem Hintergrund der Lockerungen bei den Kontaktbeschränkungen darüber informiert, dass – behutsam – mit der Aufnahme eines (ggf. teilweisen) Präsenzbetriebs begonnen werden kann. Von dieser Option wird mittlerweile z.T. Gebrauch gemacht, wobei die Fragen des „Ob“ und „Wie“ stets vor Ort und unter Berücksichtigung des Gebots der Infektionsvermeidung und der örtlichen Gegebenheiten (etwa Raum- und Personalkapazitäten) beantwortet werden. Auch die Einzelausbildung kann unter Einhaltung der entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen wieder vermehrt mit Präsenz erfolgen.
Ergänzungsvorbereitungsdienst (EVD):
In diesem Zusammenhang soll auch im Rahmen des EVD wieder ein Präsenzunterricht ermöglicht werden. Die Gespräche und Planungen hierzu laufen zurzeit – der voraussichtliche Beginn von (ggf. teilweisen) Präsenzveranstaltungen wird der 25. Mai 2020 sein.
Nutzung von Bibliotheken:
Im Zuge der Lockerungen der Kontaktbeschränkungen habe ich die örtlichen Referentinnen und Referenten um Prüfung gebeten, inwieweit unter Berücksichtigung des Infektionsschutzes die Nutzung von Bibliotheken für die Referendarinnen und Referendare ermöglicht werden kann. Ich habe bislang positive Rückmeldungen von der Staatsanwaltschaft Lübeck, dem Landgericht und Amtsgericht Kiel, der Staatsanwaltschaft Kiel (nur 1 Platz), dem Amtsgericht Eutin und dem Amtsgericht Schwarzenbek erhalten. Zu den Einzelheiten der Nutzung der jeweiligen Bibliothek wenden Sie sich bitte an die örtlichen Verwaltungen oder Referentinnen und Referenten.
Klausuren im Juni:
Trotz der erheblichen Anforderungen im Hinblick auf die hohe Zahl der Prüflinge und die geltenden Abstands- und Hygieneregeln konnten wir für die im Juni stattfindenden Klausuren Räumlichkeiten an sämtlichen üblichen Standorten (Kiel, Lübeck, und Schleswig) finden, sodass die von den Prüflingen geäußerten Wunschorte weitgehend Berücksichtigung finden können. Sämtliche Räumlichkeiten haben die Kapazität, um die vom GPA vorgegebenen Abstände einhalten zu können. Weitere Einzelheiten werden die Prüflinge direkt vom GPA und vor Ort erfahren.
Kommentare bei den Klausuren:
Auf unsere Bitte hat das GPA für die Prüfungen im Juni eine geänderte Hilfsmittelverfügung erlassen, nach welcher für die Prüfungen im Juni auch ältere Auflagen von Kommentaren zugelassen wurden (Einzelheiten erfahren Sie beim GPA). Dies dient dazu, den Engpass bei den Leihkommentaren abzumildern, und den Prüflingen den Erwerb günstigerer Vorauflagen zu erlauben.
Auslandsstationen:
Im Hinblick auf anstehende Stationen im Ausland gilt grds. Folgendes: Bei der Zuweisung von Auslandsstationen richtet sich die Referendarabteilung zunächst nach den Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes für nicht notwendige touristische Reisen. Aktuell gibt es eine Reisewarnung für solche Reisen bis zum 14. Juni 2020 mit der Folge, dass Auslandsstationen bis zu diesem Zeitpunkt grds. nicht zugewiesen werden (zur aktuellen Reisewarnung siehe https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/covid-19/2296762). Sollte die Reisewarnung verlängert werden, werden auch für den danach folgenden Zeitraum grds. keine Stationen im Ausland zugewiesen werden.
Sollte die Reisewarnung danach nicht verlängert werden, kommt eine Zuweisung – jedenfalls grundsätzlich – in Betracht. Für eine Zuweisung ist dabei u.a. erforderlich, dass sich die Referendarin / der Referendar selbständig vergewissert, dass die Hin- und Rückreise gewährleistet ist. Darüber hinaus muss sie / er eine ausdrückliche Zustimmung seiner Dienststelle vor Ort – idealerweise mit einer Erklärung über ein vor Ort einzuhaltendes Sicherheitskonzept (Hygiene- und Abstandsregelungen) – beibringen. Die Referendarin / der Referendar trägt bei einer Station im Ausland das Risiko, welches im Zusammenhang mit der Verbreitung des Coronavirus besteht. Hierzu gehört bspw. das Risiko einer verfrühten Rückreise bzw. eines Widerrufs der Zuweisung – einschließlich des Kostenrisikos – oder einer ungewollten Verzögerung der Rückreise – ebenfalls einschließlich des Kostenrisikos – die zu einem verzögerten Beginn der nachfolgenden Station oder einer Kollision mit einem Termin zur mündlichen Prüfung führen kann. Sie / er erklärt diese umfassende Risikoübernahme schriftlich gegenüber der Referendarabteilung.
Soweit bereits jetzt zukünftige Zuweisungen zu einer Auslandsstation beantragt werden oder worden sind (z.B. für September 2020 o.ä.), können diese aufgrund der Unsicherheit der zukünftigen Entwicklung einstweilen nicht erteilt werden. Eine Zuweisung kann nur in einem zeitlich engeren Zusammenhang erfolgen, wenn absehbar ist, dass eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes nicht (mehr) besteht. Die Referendarinnen und Referendare sind daher grds. gehalten, sich neben der begehrten Auslandsstation eine Alternativstation zu suchen, um für den Fall der Nichtzuweisung eine Station im Inland antreten zu können. Soweit die Wahlstation betroffen ist, ist es dabei zwingend erforderlich, dass der Schwerpunkt identisch ist.
Ausnahmen gelten grds. für Auslandsstationen, die jedoch nicht im Ausland absolviert werden („Onlinestation“, bei der die ausbildende Stelle im Ausland liegt, die Tätigkeit jedoch vom Inland aus betrieben wird). In diesem Fall kann grds. eine Zuweisung erfolgen. Dies gilt jedoch nur, soweit gesichert ist, dass die ausbildende Stelle eine Präsenz auch im späteren Verlauf der Ausbildung nicht verlangt, oder lediglich für den Fall verlangt, dass die Präsenz im Ausland nach den o.g. Grundsätzen zulässig ist; auch hier gilt das o.g. Erfordernis einer Erklärung der Risikoübernahme entsprechend.
Einzelheiten können mit der Referendarabteilung geklärt werden.
Referendarinnen und Referendare mit Kindern:
Das Absolvieren einer Ausbildung im Rahmen des Referendariats stellt keine systemrelevante Tätigkeit dar. Aus diesem Grund erhalten Referendarinnen und Referendare mit Kindern keine entsprechenden Bescheinigungen über die Ausübung einer systemrelevanten Tätigkeit und haben daher grds. auch keinen vorrangigen Anspruch auf Kinderbetreuung in einer Kinderbetreuungseinrichtung. Soweit Sie als Mutter oder Vater aufgrund der notwendigen Betreuung Ihres Kindes / Ihrer Kinder bei der Durchführung des Referendariats gehindert oder beeinträchtigt sind, wenden Sie sich bitte an Ihre Ausbilderin / Ihren Ausbilder, an Ihre örtliche Referentin oder ihren örtlichen Referenten bzw. an die Referendarabteilung. Zudem wird auf die Regelungen der Ziff. 9 des Erlasses des Cds vom 12. März 2020, verlängert durch die Erlasse vom 24. März 2020, 16. April 2020 und 7. Mai 2020 verwiesen.
Referendarrat:
Der von Ihnen neu gewählte Referendarrat wird sich am 15. Mai 2020 im Oberlandesgericht Schleswig konstituieren und anschließend begrüßt und der bisherige verabschiedet werden. Wir danken dem bisherigen Referendarrat herzlich für seine konstruktive Arbeit und wünschen den Referendarinnen und Referendaren alles Gute. Zugleich freuen wir uns auf die Zusammenarbeit mit den neuen Kolleginnen und Kollegen und danken Ihnen, dass Sie die Herausforderung in dieser Zeit angenommen haben!
Abschließend:
Sofern Sie über die obenstehenden Informationen hinausgehende Fragen haben, können Sie sich gern an Ihre örtlichen Referentinnen und Referenten, die Referendarabteilung im OLG oder auch an den Referendarrat wenden. Ihr Referendarrat hat sich bislang sehr konstruktiv in die durch das Coronavirus veränderte Situation eingebracht und ich bin mir sicher, dass der neue Referendarrat in diesem Sinne für Sie handeln wird. Wir wünschen Ihnen alles Gute, und dass Sie – trotz aller Widrigkeiten – die enormen Herausforderungen weiterhin meistern.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Felix Hütte