Unsere Stellungnahme: NS-Unrecht in der universitären Juristenausbildung

Auf Anfrage des Ministerium für Justiz, Europa und Verbraucherschutz:

Der Referendarrat erachtet eine Sensibilisierung von Juristen hinsichtlich nationalsozialistischem und allgemeinem Justizunrecht aufgrund der besonderen Verantwortung für erforderlich. Ebenso erachten wir es für sinnvoll, die Sensibilisierung in einem frühen Stadium der Ausbildung vorzunehmen und diese stetig fortzuführen. Aus diesem Grund empfinden wir eine Verankerung im Studium, sowie im Vorbereitungsdienst zielführend.

Aus unserer Sicht spricht aus diesem Grund nichts gegen eine Änderung und/ oder Ergänzung des § 5a Abs. 2 DRiG.

Die Ergänzung des § 5a Abs. 2 S. 3 DRiG um „ethische Grundlagen“ wäre aus unserer Sicht möglich, anzumerken ist jedoch, dass die Ethik ein Teilbereich der Philosophie ist und dieser Teilbereich somit schon von § 5a Abs. 2 S. 3 DRiG umfasst ist. Aus Klarstellungsgründen könnten jedoch auch „ethische Grundlagen“ mit aufgenommen werden.

Auch eine ergänzende Aufzählung in § 5a Abs. 2 DRiG könnte vorgenommen werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Katalog nicht abschließend formuliert sein sollte um jegliches Justizunrecht aufzugreifen.

Angemessen wäre auch eine Aufnahme in den Pflichtstoffkatalog der Pflichtfachprüfung und/ oder eine zusätzliche Pflichtveranstaltung als Zulassungsvoraussetzung für die staatliche Pflichtfachprüfung (beispielsweise Einführung einer „Aufsatzklausur“ zu einem rechtsethischen Thema).

Hinsichtlich der Ergänzung des § 5b DRiG vor Abs. 6 um eine Pflichtveranstaltung zu ethischen Grundsätzen, insbesondere dem NS-Unrecht, als Zulassungsvoraussetzung zum zweiten juristischen Staatsexamen sollte umfassend erörtert werden, inwieweit diese Veranstaltung in den Ablauf des Referendariats eingebunden werden kann, um die Referendare vor der Prüfung zeitlich nicht zu belasten.

Sofern keine Änderung der Prüfungsordnung vorgenommen werden soll (beispielsweise die Einführung eines ethischen Aufsatzes), muss definiert sein, welchen Umfang die Pflichtveranstaltung im Vorbereitungsdienst einnimmt. Uns interessiert dabei, wie die Fortbildung für Proberichter „Justizvergangenheit“ oder die Fortbildung für Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte „Justiz in der NS- Zeit“ ausgestaltet ist. Im Referendariat sind zwar die Grundlagen der Rechtssystematik, der Rechtsgeschichte und der Rechtsphilosophie bereits vorhanden und die Einordnung des staatlichen Unrechts dürfte den Referendaren deutlich einfacher fallen, als den Studierenden, jedoch ist auch die Kürze des Vorbereitungsdienstes und die Dichte der zu vermittelnden Inhalte zu beachten.

Wir erachten zudem einen Einblick in die Arbeitsweise der Justiz nicht als ausschlaggebend oder erforderlich, um eine Verankerung der Thematik lediglich an dieser Stelle vorzunehmen. Bereits im Studium sollten ethische Grundlagen vermittelt werden, um diese und das Verständnis des Rechtssystems miteinander zu verbinden.

Dabei ist insbesondere zu beachten, dass die Referendare bereits in den ersten Wochen des Vorbereitungsdienstes als Vertreter:innen der Staatsanwaltschaft auftreten. Es wird also bereits in den ersten Wochen eine rechtsstaatliche Gesinnung, welche die freiheitlich demokratische Grundordnung stützt, vorausgesetzt. Deshalb muss eine tiefe Verankerung und Sensibilisierung bereits vor dem Referendariat stattfinden.

Interessant ist unserer Ansicht nach der Ansatz des Landes Sachsen. So sieht es das sächsische Justizministerium vor mit einer Gesetzesänderung Bewerber:innen, die die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpfen, nicht in den Vorbereitungsdienst aufzunehmen.

Wir Danken für die Einbeziehung in diese Angelegenheit.